Donnerstag, 1. Januar 2015

Glosse: Prosit Neujahrskater


(Glosse, Maike Grunwald) Als erwachsener Mensch sollte man eigentlich wissen, wie viel Alkohol man verträgt. Sollte man. Tut man ja auch, meistens jedenfalls.

Nur zu Silvester verfliegt dieses Wissen regelmäßig mit den Rauchschwaden der Böller, löst sich auf im perlenden Punsch, geht unter in wilden Tanzrhythmen. Menschen, die das ganze Jahr vernünftig ihre Pflicht erfüllt haben, purzeln plötzlich lallend zwischen Knallkörpern umher.

Die Strafe folgt spätestens am nächsten Tag, wenn für viele das neue Jahr mit rasenden Kopfschmerzen beginnt. Tipps gegen den Kater haben schon Tage vorher Hochkonjunktur. Sie sind so alt wie Omas Sonntagskleid, werden aber jedes Jahr neu zitiert - offenbar hat die Menschheit nichts dazugelernt. Viel Wasser trinken! Hering essen! Frische Luft! Und so sieht man sie dann am Neujahrsmorgen durch den Park wanken, die Partykönige von gestern, grün im Gesicht, umgeben von dezentem Rollmops-Duft.

Origineller sind da die Kater-Bekämpfungs-Tipps aus der Internetzeitung "Russland Aktuell": Erst einen "tiefen Schluck aus dem Salzgurkenglas" nehmen, dann Schampanskoje trinken (auch bekannt als Krimsekt). Dazu "das beliebte koreanischen Nudelfertiggericht Doschirak (20 Rubel die Trockenpackung)" essen. Zum Schluss noch ein kühner Sprung in den zugefrorenen See um die Ecke (vorausgesetzt natürlich, es gibt ein Eisloch). Nach so einem Programm fühlt man wahrscheinlich gar nichts mehr - und wird bei der nächsten Silvesterfeier vorsorglich den besten Anti-Kater-Tipp befolgen: nur noch Limonade trinken.

(Erschienen am 31.12.2012 in: Hamburger Abendblatt/Harburger Rundschau)