Mittwoch, 19. Dezember 2012

Namibia, Teil 3: Zelten bei den Wüstenlöwen

Ab in die Wüste! Suchbild: Wo ist die Oryx-Antilope? (Foto: © Maike Grunwald)
(Reise, Namibia, Maike Grunwald) Heute soll es laut Reisebeschreibung NOCH abenteuerlicher werden als gestern. Kann irgendwie nicht sein... Wie soll man eine Zu-Fuß-Begegnung mit einem riesigen, seltenen Spitzmaulnashorn noch toppen? Mal sehen...

Im Palmwag-Gebiet kann man die seltenen Hartmann-Bergzebras sehen (Foto: © Maike Grunwald)

Fest steht: Die nächste Unterkunft wird auf jeden Fall abenteuerlicher sein als mein riesiges Luxus-Zelt mit eingebautem Badezimmer, fließend Wasser, elektrischem Licht und Hilfe-Falls-Ein-Wildes-Tier-Kommt-Alarm-Hupe. 

Denn heute früh verlassen wir die komfortable Lodge des Desert Rhino Camp mit ihren freundlichen Mitarbeitern und anderen Safari-Gästen. Tschüß, Zivilisation.

Menschenleere Wildnis (Foto: © Maike Grunwald)
Der Plan ist: Wir fahren noch weiter in die Wildnis, als wir es ohnehin schon sind, und zelten irgendwo in der menschenleeren Wüste in einem ausgetrockneten Flussbett. Zwischen frei lebenden Elefanten, Hyänen und Löwen.

Wir werden wahrscheinlich keine anderen Menschen sehen. Nichts als wilde Tiere, endemische Pflanzen und spektakuläre Wüstenlandschaft. Perfekt.

Kennt jedes Tier, jede Pflanze, jede Fährte: Unser Guide Douw erkennt am Dung, wann welches Tier hier war (Foto: © Maike Grunwald)
Los geht es im Land Rover, am Steuer: Unser allwissender Guide Douw Steyn. "Wir sehen uns am zweiten Fluss links nach der Hunkab-Quelle", sagt er über Funk zu Matthias und Magnes, die mit der Camp-Ausrüstung vorgefahren sind. Handy-Empfang gibt es hier nicht. 


Größere Kartenansicht
Die Route klingt schon mal spannend: Vom Desert Rhino Camp (A in der Karte oben) fahren wir durch "Secret Valley" ("Das geheime Tal") zum Trockenflussbett Awaxas (B in der Karte, aber etwas weiter westlich) über das Trockenflussbett Obob (C) zum Trockenflussbett Hunkab (D). Wir fahren also mitten durch die Wildnis des Palmwag-Gebietes in Kunene. Die Region wird immer noch Damaraland genannt, obwohl der Begriff noch aus deutscher Kolonialzeit stammt und eigentlich nicht mehr offiziell existiert.

Brauchen wenig Wasser: Oryx, Namibias Wappentier (Foto: © Maike Grunwald)

Früh am Morgen sind noch viele Tiere unterwegs, solange die Kühle der Nacht noch nicht gänzlich von der Wüstensonne weggebrannt ist: Oryx-Antilopen, Springbock-Gazellen, die seltenen Hartmann-Bergzebras, Kibitze, Krähen, Geier, Trappen... 

Und dann: Ein Spitzmaulnashorn!
Dieser Nashornbulle war nicht von uns begeistert (Foto: © Maike Grunwald)

Nur 40 Meter entfernt von unserem Fahrzeug steht es plötzlich da. Fast hätten wir es gar nicht gesehen, so gut ist die farbliche Tarnung der bedrohten Tiere. Aber obwohl es uns noch viel schlechter sehen dürfte (Nashörner sind so gut wie blind), weiß es durch seinen hervorragenden Geruchssinn ganz genau, dass etwas Fremdes in seinem Revier ist. 

Selten und schützenswert: Wo Spitzmaulnashörner leben, ist die Natur noch intakt (Foto: © Maike Grunwald)
Und das gefällt ihm gar nicht! Es ist sichtbar verärgert, kommt näher, läuft dann mit aufgeregt erhobenenem Schwanz ein Stück weg und sieht so aus, als überlege es, uns anzugreifen. Douw fährt lieber ein bisschen weg, so dass der Wind günstiger steht, wir wollen das geschützte Tier nicht stressen. Tatsächlich beruhigt es sich, wir verhalten uns unauffällig und machen leise ein paar Fotos. Dann ziehen wir weiter und lassen den Bullen in Ruhe.
Die Springbock-Gazellen fallen auf die Fata Morgana nicht rein (Foto: © Maike Grunwald)
Wir durchqueren die schier endlose Weite der Kharokhaobvlakte-Wüstenebene. In der Ferne schimmert eine Fata Morgana. Douw empfiehlt uns einen Wüstenspaziergang, komplimentiert uns aus dem Land Rover und fährt ein Stück vor. 

Etwas, was man einmal im Leben tun sollte: Spaziergang in der Kharokhaobvlakte-Wüstenebene (Foto: © Maike Grunwald)
Es ist toll, über den roten Kiessand zu gehen, nichts ist zu hören als der stetige Wind, der von der nahen Skelettküste weht. Ich finde ein paar Springbock-Hörner. Der Rest ist längst aufgegessen, noch nicht einmal die Knochen liegen noch da. Gut, dass Douw nicht einfach weggefahren ist und uns hier sitzen lassen hat, denke ich, als ich wieder in den Wagen klettere. Ich kann es gar nicht fassen, dass hier Tiere leben können.

Strauße sind die größten Feiglinge. Wir sehen sie nur rennend (Foto: © Maike Grunwald)
Unterwegs zeigt uns Douw Spuren von Raubtieren und Überlebenstricks für die Wüste: Manche Pflanzen wie der "Dollar-Busch" speichern so viel Flüssigkeit, dass man sie geradezu auswringen kann. Schmeckt nicht gut, aber besser als Verdursten, oder? 

Der leuchtend grüne "Springbok Salad" speichert Wasser wie ein Schwamm (Foto: © Maike Grunwald)
"Wenn du hier ohne Wasser festsitzt, bist du nach zwei Tagen Geschichte", sinniert Douw. Das GPS-Navi hat er längst ausgeschaltet, es zeigt ohnehin nur weiße Flächen. Dann, ein paar Löwenspuren weiter, erblicken wir unser Lager für die Nacht.

Unser Wüstencamp (Foto: © Maike Grunwald)
Matthias und Magnes habe es fix und fertig in einem trockenen Flussbett ("dem zweiten von links nach der Hunkab-Quelle") aufgebaut.


Mein Zelt. Durch das Fenster sieht man die Dusche (Foto: © Maike Grunwald)
Auch für Klos ist gesorgt, und es gibt sogar zwei Duschen: 10-Liter-Kanister mit Wasser, angeschlossen an einen Schlauch mit Duschkopf an einer Kabine aus Zeltplanen. Irgendwie kommt es mir dekadent vor, mitten in der Wüste zu duschen.
Loch im Sand, Kloschüssel rauf - fertig ist die Buschtoilette (Foto: © Maike Grunwald)

Wir machen mit Douw noch einen kleinen Abendspaziergang. Dabei zeigt er uns wieder zahllose Spuren - auch von Elefanten, Nashörnern und Löwen, in unmittelbarer Nähe unser Zelte. 

Zu jedem Tier hat er passende Anekdoten parat, zum Beispiel von der einen Nacht, als sich ein Löwe zum Dösen gegen sein Zelt lehnte. "Er lag halb auf meiner Schulter. Ich habe einfach nur still gehalten, bis er weg war". Soso. Sehr beruhigend.
Löwenspur in der Nähe unseres Camps (Foto: © Maike Grunwald)
Immerhin: Wenn wir heute Nacht sterben müssen, dann wenigstens nicht hungrig. Als wir zurückkommen, haben Matthias und Magnes schon das Abendessen zubereitet. Kochen können sie auch noch, stellt sich heraus, und wie! Meine Vegetarier-Extrawurst war einfach nur gegrilltes und gebratenes Gemüse, aber phantastisch gewürzt.
Matthias und Magnes beim Kochen (Foto: © Maike Grunwald)
Später bei einigen Drinks am Lagerfeuer erzählt Douw, wie er als 21-Jähriger drei Mal denselben Löwen verjagen musste, der immer wieder seine Touristengruppe angriff. Matthias hingegen gerät ins Schwärmen. "Ich liebe es, die Löwen brüllen zu hören, so wie hier, heute Abend", sagt er mit seiner Samtstimme, "Ich bin auf dem Land aufgewachsen und vermisse das, wenn ich in der Stadt bin. Hier ist der schönste Ort der Welt."

"Bleibt nachts bitte im Zelt. Wenn ihr raus müsst, ruft mich, geht nicht allein aufs Klo!", sagt Douw, als wir schließlich schlafen gehen. Das Feuer bleibt die Nacht über an, um Tiere fern zu halten, vor allem die Elefanten - die können Wasser nämlich riechen, weshalb die schicken Safari-Waschtischchen neben unseren Zelten nachts lieber leer sein sollten.

Werden wir die Nacht überleben? Und wenn ja: Was bringt der nächste Tag für Abenteuer? Mehr dazu im nächsten Teil!


Flashback: 

Namibia, Teil 2: Zu Fuß auf Nashornpirsch

Namibia, Teil 1: Mit der Cessna in die Wildnis 

 
Links:

Wüstentier-Schutz: Die NGO "Save The Rhino Trust" widmet sich dem Schutz der bedrohten Spitzmaulnashörner und damit auch dem Erhalt des gesamten Umfelds dieser "Schirmherren" . Die Organisation ist dringend auf Spenden angewiesen.

Hochspezialisierte Pflanzen in Namibia: Gute Website der Uni Stuttgart

"Communal Conservatories": Wildtier-Schutz durch Einheimische als Tourismuskonzept
 
Reisen in die Wildnis der Palmwag-Konzession: Der deutsche Reiseveranstalter Elefant Tours bietet maßgeschneiderte Safari-Touren an.

Namibia: Mehr Infos auf den offiziellen Seiten des Namibia Tourism Board

Die Reise wurde unterstützt von Namibia Tourism Board, Elefant Tours und Air Namibia.