Mittwoch, 6. Oktober 2021

Konservier-Souvenir oder Kalkül-Kauf? 7 Typen von Andenken

Souvenirs (c) Maike Grunwald
Schaf-Statuette aus Wales, Sand aus Jordanien (Foto: © Maike Grunwald)

(Glosse, Maike Grunwald)
Eulen aus Athen, Püppchen aus Peru, Biergläser aus Bayern, ein Altarbild aus Äthiopien: Geschätzte 2532 Souvenirs stapeln sich in unserer Wohnung. Sie verstauben im Regal oder vermodern in der hintersten Ecke des Kühlschranks wie die Grüne Currysoße aus Thailand. Bei manchen weiß ich nicht einmal mehr, woher sie eigentlich stammen. Das Souvenir ist die perfideste Erfindung der Reiseindustrie. Je nach Zweck lassen sich Urlaubsandenken in verschiedene Kategorien einteilen.


Das "Mitbringsel aus schlechtem Gewissen" ist bei Geschäftsreisenden verbreitet. Es wird hektisch am Flughafen gekauft und soll der daheimgebliebenen Familie versichern: Auch wenn ich euch ständig verlasse, bin ich in Gedanken immer bei euch. Darin erschöpft sich meist der Sinn der Stofftiere, Tassen oder des anderen Nippes, der oft mit der Destination beschriftet ist (außer, man hat es vergessen und kauft es erst nachträglich am Heimatflughafen). 
 

Gutmenschen-Geschenk vs. Konservier-Souvenir


Auch das typische "Gutmenschen-Geschenk" ist normalerweise nicht wirklich zu gebrauchen. Es wird aus Mitleid mit Straßenverkäufern gekauft, auch aus dem naiven Wunsch heraus, die Wirtschaft in Entwicklungsländern anzukurbeln. Ein allgemein bekanntes Beispiel ist handgefertigter Ethno-Schmuck aus den Townships in Südafrika.

Das "Konservier-Souvenir" entspringt dem schmerzlichen Bewusstsein, wie vergänglich Glück ist. Verliebte Pärchen neigen dazu, sich den unsäglichsten Kitsch selbst mitzubringen, um romantische Urlaubsgefühle zu erhalten. Zu Hause schämen sie sich dann oft beim Anblick dieser Gegenstände. 
 

Kalkül-Kauf in Hongkong oder Anatolien

 
Das "Andenken an sich" ist damit verwandt. Es dient dem eigentlichen Urzweck, schließlich kommt das Wort "Souvenir" aus dem Französischen für "sich erinnern". Dazu gehören auch kulinarische Andenken wie der Wein, durch dessen Genuss man sich geschmacklich zurück in das jeweilige Anbaugebiet katapultieren will. 

Immer praktisch, oft profan, ist der "Kalkül-Kauf". Hier entscheidet schlicht der günstigere Preis im Vergleich zu Deutschland. Das iPhone aus Hongkong gehört dazu, aber auch die gefälschte Rolex aus Bangkok oder Anatolien.
Im Gegensatz zu anderen Souvenirs sind diese bei den Empfängern so beliebt, dass Reisende manchmal mit regelrechten Sammelbestellungen aus dem Freundeskreis losfahren.
 

Rares für Bares

 
"Restgeld-Reisemitbringsel" hingegen können vollkommen absurd oder aber nützlich sein. Man erwirbt sie in Ländern mit exotischer Währung, wenn man davon kurz vorm Abflug noch Bares im Portemonnaie hat und weiß, dass man demnächst nicht wiederkommt. Damit das ausländische Geld zu Hause nicht vergammelt oder mühselig in Euros umgetauscht werden muss, was man meist ohnehin vergisst, verprasst man es schnell am Flughafen. 
 
Beispiele sind Biltong (Trockenfleisch) aus Namibia, Stoff-Wombat-Schlüsselanhänger aus Australien, Kugelschreiber aus Indonesien. Alternative: Das Restgeld selbst als Andenken mitnehmen und in der Schale mit all den anderen hübschen ausländischen Münzen verstauben lassen.

Steine als Mitbringsel

 
Und dann gibt es noch die "Spontan-Souvenirs". Sie werden in einem Zustand geistiger Umnachtung, auch Urlaubslaune genannt, ohne Grund gekauft oder einfach aufgesammelt: Lustige Figuren, Schuhe, Muscheln oder Steine. Sie sind der häufigste Grund dafür, warum Koffer am Ende einer Reise nicht mehr zugehen.

Mein Mann hat mir den Kauf von Souvenirs mittlerweile untersagt. Mit Ausnahme von Dingen, die man sofort essen oder sonst wie gebrauchen kann. Deshalb bekommt er T-Shirts oder regionales Bier. Denn die schönsten Andenken sind ohnehin nicht fassbar: unsere Erinnerungen.

Diese Glosse ist in kürzerer Form erstmals erschienen in: Hamburger Abendblatt


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