Montag, 3. Oktober 2011

Kroatien: Jagdfieber im Trüffelwald


Profi-Trüffelsucher Ivica Kalcic mit seinen Spürnasen Bobby und Jacky (Foto: © Maike Grunwald)
(Reisereportage, Istrien / Kroatien, Maike Grunwald) Anfang Oktober beginnt in Istrien die Saison für weiße Trüffeln, die teuersten Speisepilze der Welt. Touristen können in professioneller Begleitung auf Knollen-Jagd gehen.


Ivica Kalcic am Waldesrand, die Trüffelschaufel in der Hand, im Hintergrund seine Trüffelhunde (Foto: © Maike Grunwald)
"Eigentlich bin ich ja Musiker“, sagt Ivica Kalcic. "Aber mit den Trüffeln lässt sich besser Geld verdienen." Seit mehr als 30 Jahren ist der 54-jährige Kroate nun schon Trüffelsucher in der Nähe von Livade im kroatischen Teil der Halbinsel Istrien. Der Beruf passt zu ihm, denke ich, als wir ihn zum ersten Mal sehen. Mit einem knallbunten Regenschirm und Gummistiefeln steht er am Waldesrand und wartet auf uns, mit der Lizenz zum Trüffelsuchen und zwei Spürhunden.

Kaum haben wir ihn begrüßt, überschüttet uns der rundlich-herzliche Mann mit einem Informationsschwall auf Kroatisch. Unsere Begleiterin vom Edel-Hotel "Monte Mulini" versucht zu übersetzen, kommt aber kaum zu Wort. Tapfer versucht sie es weiter – ohne sie wären wir verloren.


Istriens Wälder im Landesinneren: Blick auf  die Altstadt von Buzet, wo jedes Jahr im November ein Trüffelfest stattfindet (Foto:  © chris/Chrkl/Wikimedia)
Hier ganz in der Nähe wurde im November 1999 die größte Trüffel der Welt gefunden, erfahren wir im Durcheinander der Übersetzungen. Die 1,31 Kilo schwere Knolle schaffte es ins Guinnessbuch der Rekorde und machte ihren Entdecker Giancarlo Zigante zum weltberühmten Trüffelkönig.

"Auch die erste Trüffel der Region wurde hier gefunden, 1929 mithilfe eines Trüffelschweins", sagt Ivica. Er selbst nutzt allerdings Hunde, wie die meisten Profi-Sucher. Die Schweine versuchen nämlich, die Trüffeln selbst zu fressen. Die Hunde mögen lieber die Hundekuchen, mit denen sie nach erfolgreicher Suche belohnt werden. Er deutet mit der kleinen Trüffelschaufel, die in seiner riesigen Hand winzig wirkt, auf seine vierbeinigen Spezialisten.


Lecker: Schwarze Trüffel aus dem Mirnatal (Foto:  © K. Korlević/Wikimedia)
Bobby und Jacky, beide acht Jahre alt, zerren ungeduldig an der Leine, mit der sie an ein Schild angebunden sind. Ivica hat sie selbst ausgebildet, „vier Jahre dauert es, bis sie richtig gut sind", sagt er. Zu seinem Beruf kam der aus Porec stammende Akkordeonspieler durch Heirat: Seine Frau ist die Tochter einer traditionsreichenTrüffelsucher-Familie.

Kaum hat Ivica die Hunde losgelassen, stürmen sie jaulend in den Wald. Wir stapfen hinter den Trüffelnasen her. Es ist nass und matschig, schnell sind die Schuhe ruiniert. Egal – das Jagdfieber hat uns gepackt. Das Bellen der Hunde und die Rufe ihres Herrchens hallen durch den Wald.

Nach einer Weile beginnt Jacky, an einer Stelle im Unterholz aufgeregt zu schnuppern und zu buddeln. Ivica schiebt den Hund zur Seite, damit er den kostbaren Fund nicht beschädigt, und bringt seine Spezialschaufel vorsichtig zum Einsatz. Schließlich zeigt er uns die Beute: eine schwarze Trüffel, fast so groß wie ein Golfball.
Ivica Kalcic mit zwei Trüffeln (Foto: © Maike Grunwald)
Schon geht es weiter, die Hunde bellen, schnuppern und buddeln, ihr Herrchen ruft, gräbt und belohnt. Zwischendurch stellt sich heraus, dass Ivica doch ein wenig Deutsch spricht. "Früher, als ich Musiker war, spielte ich vier Jahre lang im 'Hotel Intercontinental' in Düsseldorf. In Berlin war ich auch", sagt er und lacht bei der Erinnerung an die glamourösen Zeiten.

Dann wendet er sich wieder seinen Hunden zu: Bobby hat etwas gefunden. Am Ende hält Ivica drei mit feuchter Erde bedeckte Knollen in der Hand. "Dafür bekomme ich etwa 100 Euro", sagt er zufrieden.

Anfang Oktober beginnt die Saison für weiße Trüffeln, die teuersten Speisepilze der Welt. Bis Ende Dezember findet man die wertvollen Knollen. Dann beginnt die Zeit der schwarzen Trüffeln, deren Saison bis März anhält. In der grauen, tonhaltigen Erde des Hinterlandes von Istrien, inmitten der Eichen des Motovuner Waldes und der feuchten Böden des Mirna-Flusstals, gedeihen die seltenen und daher so teuren Leckerbissen besonders gut.


Weiße Trüffel aus dem Mirnatal (Foto:  © K. Korlević/Wikimedia)

"Istrien ist unter Trüffel-Fans schon seit ein paar Jahren beliebt", sagt Stephan Schäfer, Food-Experte und Chefredakteur der Gourmet-Zeitschrift "essen & trinken". Der Fund der gigantischen Trüffel, der es ins Guinnessbuch der Rekorde schaffte, habe sicherlich dazu beigetragen.

"Es gibt in Istrien schwarze und weiße Trüffeln von relativ hoher Qualität. Doch lassen viele Spezialisten nur Trüffeln aus den klassischen Trüffelregionen Périgord und Piemont als 1-a-Ware gelten." Grundsätzlich billiger seien gute Trüffeln aus Kroatien jedoch nicht.

Da die begehrten Knollen so selten sind, erzielen sie stolze Preise. In der Saison variiert der Trüffelpreis stündlich. Er reguliert sich über Angebot und Nachfrage und lag im vergangenen Winter um die 9000 Euro für ein Kilo weiße Trüffeln. Bei deutlich billigerer Ware handelt es sich meist nicht um echte Tuber Magnatum (weiße Trüffel) und Tuber Melanosporum (schwarze Trüffel), sondern um artverwandte Pilze mit ähnlichem Aussehen.

"Sieben schwarze und drei weiße Trüffelsorten gedeihen ganzjährig im Mirnatal", heißt es im "Gault Millau", "wobei die weiße 'Tuber Magnatum Pico' (Oktober bis Januar) in Istrien ihrem Pendant aus Alba um nichts nachsteht."

Istrien zählt mittlerweile zu den wichtigsten und größten Trüffelgebieten in Europa. Auch Touristen können in Begleitung von Trüffelsuchern auf Knollen-Jagd gehen. Hotels wie das "Monte Mulini" und andere Anbieter haben sich speziell auf Trüffel-Touristen eingestellt.

Zur Saison feiert man in der Region mehrere Feste rund um die weiße Trüffel. Das wohl größte ist das Tuberfest in Livade (verschiedene Tage Anfang bis Ende Oktober) mit Prämierung der schönsten und größten Exemplare und einer Versteigerung.

Anfang November (erstes Wochenende nach Allerheiligen) findet dann im nahen Buzet das Trüffelwochenende statt. Unter einem großen Zelt gibt es eine Trüffel-Verkaufsausstellung. Außerdem locken andere regionale Leckereien aus biologischem Anbau, zum Beispiel Honig, Käse, Olivenöl, Wein, Schnaps und Kekse. Dazu gibt es Tanzmusik und Folklore mit Klängen auf Triestina-Akkordeon, Kontrabass und Geige. In den Restaurants der Region kommen Trüffel-Liebhaber auf ihre Kosten.

Profi-Trüffeljäger Ivica Kalcic zieht allerdings eine andere regionale Spezialität vor. "Ich persönlich esse am liebsten luftgetrockneten Schinken, davon bekommt man mehr für das gleiche Geld", gesteht der gemütliche Kroate, als wir ihn nach seinen kulinarischen Vorlieben fragen. "Ich arbeite ja auch jeden Tag mit Trüffeln, dann ist man vielleicht nicht mehr so scharf darauf."

Wir dagegen können es kaum erwarten, in das weit über Kroatien hinaus bekannte Trüffel-Restaurant "Zigante" in Livade zu kommen und den Besitzer zu treffen: Seine Durchlaucht Giancarlo Zigante, den Trüffelkönig aus dem Guinnessbuch der Rekorde. Die Reisebusse vor dem Restaurant, zu dem auch ein Trüffel-Shop gehört, zeugen von seinem Ruhm.


Trüffel-Rekordhalter Giancarlo Zigante vor seinem berühmten Trüffel-Restaurant in Livade (Foto: © Maike Grunwald)
Die Atmosphäre ist touristisch, das Essen aber tatsächlich ein Traum. Zur Wahl stehen Menüs mit Fisch, Fleisch oder Vegetarischem – nur sparsam gewürzt, sodass der Trüffelgeschmack gut zur Geltung kommt. Die hausgemachte Pasta mit Olivenöl und Trüffelscheiben ist ein Gedicht. Der "Gault Millau" bescheinigt dem Restaurant ein "solides Ein-Hauben-Niveau mit gelegentlichen Ausflügen nach oben", auch der gute Wein und der freundliche Service werden lobend erwähnt.

Während wir uns das Essen schmecken lassen, erzählt uns der 60-jährige Trüffelkönig von seiner Leidenschaft für die kostbaren Knollen. "Trüffeln sind meine wahre Liebe, mein Leben", sagt Zigante. "Daher engagiere ich mich auch sehr für den Umweltschutz in der Region, damit die Trüffeln dort weiter gut wachsen." Tausend Kilo habe er in seinem Leben bereits gefunden, behauptet Zigante.

Seit er die legendäre Riesentrüffel gemeinsam mit seiner Hündin Diana entdeckte, frönt er der Trüffelsuche nur noch selten – zu wenig Zeit. Sieben Trüffelsucher arbeiten ausschließlich für ihn, weitere kommen nach Bedarf hinzu. Immerhin ist Zigante der größte Trüffel-Exporteur Istriens: 90 Prozent der kroatischen Knollen werden über ihn verkauft.

In einigen Jahren, so hofft Giancarlo Zigante, wird er wieder mehr Zeit haben, um selbst auf die Suche nach den Juwelen des Waldes zu gehen. "Dann werde ich wieder da sein, wo ich angefangen habe mitten im Montevuner Wald", sagt er. "Und wer weiß – vielleicht finde ich dann eine noch viel größere Trüffel und breche meinen eigenen Rekord."

Info 
Anreise: Zum Beispiel mit Lufthansa von München nach Triest (www.lufthansa.de). Weiter mit dem Mietwagen.
Trüffel und Meer: Blick aus dem Hotel Monte Mulini, das besondere Angebote für Trüffel-Fans hat, auf den Pool und das Meer, die Bucht von Rovinj (Foto: © Monte Mulini)
Unterkunft:
Das edle Fünf-Sterne-Hotel Monte Mulini in Rovinj liegt in traumhafter Umgebung direkt am Meer inmitten eines Naturparks. Für Trüffelfans gibt es besondere Angebote . Zum Beispiel das dreitägige Trüffelpaket mit zwei Übernachtungen (inkl. Frühstück), Trüffelsuche, Trüffel-Kochkurs, Brunch unter freien Himmel mit Trüffelgerichten sowie weiteren Gourmet-Highlights (Verkostung von Weinen und Olivenöl aus der Region), ab 716 Euro pro Person (bei einer Teilnehmerzahl von mindestens 8 Personen), www.montemulinihotel.com/de

Trüffelrestaurants:
Das weltberühmte Trüffelrestaurant und Delikatessengeschäft von Giankarlo Zigante in Livade liegt im grünen Hinterland 50 km von Ravinj, www.zigantetartufi.com

Günstiger und weniger touristisch sind die Restaurants Konoba Toni, Adresse: Brkač 26 a, 52424 Motovun, Tel. +385 (0)52 681651) und Konoba Marino in Momjan, www.konoba-marino-kremenje.hr

Trüffelsuche:
Sowohl das Hotel Monte Mulini als auch das Restaurant Zigante haben Angebote für Touristen, die Profi-Trüffelsucher begleiten wollen.
Außerdem bietet die Familie Klaric, Inhaber der Firma GIR d.o.o., Trüffelsuche auf Englisch oder Italienisch an, www.karlictartufi.hr

Pauschal: Verschiedene Istrien-Angebote (auch mit Übernachtung im Monte Mulini) gibt es bei www.airtours.de

Mehr Infos:
Kroatische Zentrale für Tourismus, Tel. 069/2385350, www.visitkroatien.de


Die Reise wurde unterstützt von Airtours, Maistra Hotels, Kempinski.

Erschienen am 24. September 2011 in: Die Welt, Link zum Artikel: 
http://www.welt.de/reise/article13621740/Hunde-helfen-Urlaubern-bei-der-Suche-nach-Trueffeln.html

Fotos: Maike Grunwald, Monte Mulini

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