Sonntag, 20. Oktober 2019

Bunte Weltreise: Herbst im Botanischen Garten Berlin

Blick von den Pyrenäen auf den mächtigen Rotbuchenwald, gegen den das Große Tropenhaus winzig wirkt (Foto: © Maike Grunwald)
Blau leuchtet die Japanische Schönfrucht, rot, orange und golden die Blätter des Persischen Eisenholzbaums, und im Amerika-See spiegeln sich die flammenden Farben des "Indian Summer": Wenn ich den Herbst in all seiner Pracht auf der ganzen Welt auf einmal erleben will, gehe ich in den Botanischen Garten Berlin

Wird auch "Liebesperlenstrauch" genannt: Japanische Schönfrucht (Foto: © Maike Grunwald)

Hier kann ich an nur einem Nachmittag eine Weltreise machen, zu Fuß von China über die Alpen nach Amerika und Persien. Heute zeige ich Euch eine Auswahl meiner Lieblingsbilder


Warum wir die Buchen besuchen


Am Eingang Dahlem tauchen wir ein in einen goldenen Wald heimischer Buchen. Vollständig heißen sie Rotbuchen, allerdings nicht wegen der Farbe ihrer Blätter wie die Blutbuchen, die eine Mutation der "normalen" Rotbuchen sind und immer rote Blätter haben, sogar im Frühling. 

Rotbuchen heißen so, weil ihr Holz frisch geschlagen rot aussieht - erst wenn es trocknet, verschwindet die Tönung.  

Das habe ich bei einer kleinen Botanischen Führung erfahren, als die Autorin Zoë Beck die wunderschönen Bäume für ihren literarischen E-Book-Verlag CulturBooks "adoptierte". Der Botanischen Garten Berlin-Dahlem bietet nämlich Pflanzen-Patenschaften an (auch ein tolles Weihnachtsgeschenk!), wobei der Pate auch eine kleine Privatführung zu "seiner" Pflanze bekommt, und ich durfte dabei sein.

Goldene Pracht: Diese Rotbuchen sind rund 100 Jahre alt (Foto: © Maike Grunwald)


"Buchen sollst du suchen, vor Eichen sollst du weichen": Dass man diese Volksweisheit bei Gewitter nicht befolgen, sondern besser jeden Baum meiden sollte, hatte mir meine Mutter schon als Kind verraten. Ebenso den wahren Grund, warum man Buchen bei jedem anderern Wetter trotzdem suchen sollte: Bucheckern schmecken einfach besser als Eicheln. 

Neu war mir allerdings, dass Eichen und Buchen eng verwandt sind: Beide gehören zur Familie der "Buchengewächse". Dass sich die Wörter "Buch" und "Buchstabe" wahrscheinlich wirklich von "Buche" und "Buchen-Stäbchen" ableiten, macht die Bäume noch sympathischer.

Schön und enorm giftig: Pfaffenhütchen (Foto: © Maike Grunwald)



Expedition nach Japan und Amerika


Heute ist das Wetter so traumhaft sonnig und rekordverdächtig warm für einen Herbsttag, dass wir das große Tropenhaus ausnahmsweise links liegen lassen, obwohl es einer unserer Lieblings-Orte ist. 

Die Gewächshäuser sind wie ein großer Teil des Botanischen Gartens nach den geografischen Regionen angelegt, so dass man innen eine Expedition durch die Tropen Afrikas, Asiens, Süd- und Mittelamerikas und Ozeaniens erleben kann.

Jetzt aber laufen wir draußen vorbei, direkt durch Japan Richtung Amerika-See, wo wir das Farbenspiel des "Indian Summer" Nordamerikas erleben wollen. 

Der Weg ist nicht weit, aber wir brauchen lange. Immer wieder bleiben wir stehen, um die Pracht der herbstlichen Früchte, Blätter und späten Blüten zu bestaunen und zu fotografieren.

Ebenfalls wunderschön und giftig: Herbstzeitlose (Foto: © Maike Grunwald)



Duft-Duell: Gingko-Stinkgo gegen Kuchen-Aroma


Gelb leuchten das Herblaub des alten weiblichen Ginkgo-Baumes hoch über uns an den Zweigen und unter unseren Füßen, wo schon ein dichter Teppich der Doppel-Blätter liegt. 

Die wie Früchte aussehenden, fleischigen Ginkgo-Samen stinken wie ranzige Butter, zum Glück etwas überdeckt vom leckeren Aroma des nahen Kuchenbaums, dessen Laub nach Keksen duftet.  

Ein Leckerbissen fürs Auge sind die blaulila Früchte der Japanischen Schönfrucht, auch als Liebesperlenstrauch bekannt. Rot glänzen die Blätter der Fächer-Zwergmispel aus China.

Flammend rote Blätter: Fächer-Zwergmispel (Foto: © Maike Grunwald)

Amberbaum und  Goldruten


Dann stehen wir vor ihm: dem Amerika-See! Im Wasser spiegelt sich das leuchtende Herbstlaub nordamerikanischer Bäume. Für das Schauspiel des "Indian Summer", jene warmen Tage im späten Herbst, wenn die Sonne die Herbstfarben des Laubes zum Leuchten bringt, reisen viele extra nach Neuengland in den USA. Wir erleben es hier in Berlin. 

Rot strahlt das Laub des Amberbaums, goldgelb das des Tulpenbaums. Nebenan in der "Prärie" leuchten die gelben Blüten der Goldruten und die orangenen Blätter der Essigbäume.

Am Amerikasee. Die Enten wissen nicht, dass sie botanisch gesehen in den USA sind (Foto: © Maike Grunwald)



Flammender Herbst


Beim Rundgang durch das weite Arboretum mit Bäumen und Sträuchern aus aller Welt setzt sich das Farbenspiel fort. Ein Farb-Feuerwerk sind die Blätter des Persischen Eisenholzbaumes, ein verrücktes Spektrum aus strahlendem Gelb, Orange und Rot.

Warum sich das Laub so verfärbt, steht auf einer der vielen Infotafeln, die überall im Botanischen Garten stehen. Im Winter müssen die Bäume ihre Blätter abwerfen, damit sie nicht erfrieren oder vertrocknen. 

Vorher aber ziehen sie das kostbare Chlorophyll heraus und lagern es in den Wurzeln für das nächste Jahr ein. Der kräftig grüne Farbstoff hat die Gelbtöne des Carotins im Blatt überdeckt, die jetzt im Herbst zum Vorschein kommen.

Die riesige Persiche Parrotie, auch Eisenholzbaum genannt, scheint in Flammen zu stehen (Foto: © Maike Grunwald)



Lärchen und November-Bienen


Die Lärche ist der einzige heimische Nadelbaum, der seine Nadeln abwirft - sie leuchten vorher ebenfalls in schönem Gelb.

Lärchen im Herbstkleid (Foto: © Maike Grunwald)

Im "System der krautigen Pflanzen", dem Außenbereich für Blütenpflanzen aus aller Welt, begegnen wir sogar bis in den November hinein noch Bienen, die an den blühenden Herbstastern naschen. 

Die späten Blüten der Sonnenblumen gehören wie Amerika-See zu den Stationen des aktuellen Jahrenszeitenpfades, der Besucher zu Highlights des Herbstes führt.

Novemberbiene auf Herbstaster (Foto: © Maike Grunwald)


Füchse zwischen China und Sibirien


Wir finden unseren eigenen Weg, laufen kreuz und quer durch China, Sibirien, nordwestdeutsche Heide und Kalifornische Steppe, kraxeln durch die Pyrenäen und Karpaten

Im Dickicht asiatischer Pflanzen sehen wir heimische Füchse. Im Botanischen Garten hat sich eine ganze Familie von ihnen breitgemacht. 

Sie sind so zahm, dass man sie ganz aus der Nähe beobachten kann. Auch von offizieller Seite sind sie hier gerne gesehen, denn sie vertreiben Mäuse und Kaninchen, die so gerne die Pflanzen anknabbern.

Ein Mitglied der freundlichen Fuchsfamilie, die im Botanischen Gartens Berlin lebt (Foto: © Maike Grunwald)


Von den Gipfeln der Alpen blicken wir noch einmal auf das Farbenspiel des 100 Jahre alten Rotbuchenwaldes, bevor wir uns langsam auf den Rückweg machen. 

Nächstes Wochenende mache ich vielleicht noch einmal eine Weltreise. Dann vielleicht in wärmere Gefilde: Im Mittelmeergewächshaus blühen im Herbst die Erdbeerbäume, im Tropenhaus Fuchsien, Begonien, Bromelien und viele andere Schönheiten.

Kanadische Blätterpracht in der Nähe des Amerikasees (Foto: © Maike Grunwald)

Hagebutten der Rosa villosa (Foto: © Maike Grunwald)


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Text und Bilder © Maike Grunwald / Reisetageblog.de ist der Reiseblog von Maike Grunwald